«Während Autorennen gilt: Motor an, Gedanken aus»

«Ich habe ein für eine Frau spezielles Hobby.» Mit diesen Worten meldete sich Daniela Augsburger, Pflegefachfrau und Berufsbildnerin im Spital Riggisberg, bei uns. Da wurden wir neugierig und trafen sie nach Feierabend in der Garage Augsburger.

«Gewinnen ist für mich sekundär.»

Welche Tipps gibt dir dein Vater mit?
Mein «Päpu» gibt mir sehr viel von seinem reichen Erfahrungswissen weiter. Er kennt alle Pisten in der Schweiz und weiss ganz genau, welche Kurve man in welchem Bogen in welchem Gang und mit welcher Geschwindigkeit fahren muss. Das Wichtigste, was er mir mitgegeben hat, ist, Freude zu haben und das Hobby in vollen Zügen zu geniessen. Alles Technische kann man erlernen, doch die Passion muss gegeben sein.
 

Was fühlst du, wenn du im Rennauto sitzt und Gas gibst?
Während Autorennen gilt: Motor an, Gedanken aus. Während des allerersten Ernstkampfs in Bière wurde mein Körper regelrecht von Glücksgefühlen geflutet. Beim Aussteigen hatte ich sogar Tränen in den Augen, weil es so ein befreiendes Erlebnis war. Gleichzeitig zwingen dich Autorennen zu höchster Konzentration, denn bei derart hohen Geschwindigkeiten kann viel passieren. Ähnlich wie bei Notfallsituationen im Spital schalte ich hier sprichwörtlich in einen anderen Gang und werde ganz ruhig und fokussiert.

Was macht denn eine gute Rennfahrerin aus?
Gute Fahrerinnen und Fahrer müssen ihre eigenen Grenzen kennen. Sie üben den Sport mit viel Konzentration, Leidenschaft und Freude aus. Wichtig sind die Menschen, die dich unterstützen: Ohne meine Familie, meinen Mann und meinen Freundeskreis wäre ich nur eine halb so gute Pilotin. Zentral ist auch das Vertrauen ins eigene Auto. Dieses Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine ist faszinierend. Eine gute Rennfahrerin darf aber nicht furchtlos sein. Vielmehr muss sie einen gesunden Respekt vor dem Auto und dem Rennsport haben.


All das macht auch Gewinnerinnen und Gewinner aus, nehme ich an?
Gewinnen ist für mich sekundär. Aber ich merke, wie mein Ehrgeiz und meine Ambitionen kontinuierlich wachsen. Schneller zu werden und mich als Pilotin weiterzuentwickeln, macht Spass. Und das zählt.

Was denkt dein Umfeld über dein Hobby?
Ich erhalte mega viel Unterstützung. Meine Freundinnen und Freunde kommen regelmässig an die Rennen, um mich anzufeuern. Das ist schon emotional. Manchmal fragen mich die Leute aber: «Autorennen? Du als Frau?» Da muss ich cool entgegnen: «Ja, wieso denn nicht?»

Was unterscheidet (d)ein Rennauto von einem herkömmlichen?
Mein Mann und ich haben gemeinsam einen Rennwagen aufgebaut, einen Opel Corsa A. Die Unterschiede zu einem normalen Strassenfahrzeug sind enorm. Es gibt sehr viele
Vorschriften und Normen – nur schon punkto Sicherheit. Rennwagen wie meiner haben einen Vollschalensitz sowie einen Fünf-Punkt-Sicherheitsgurt. Ich bin durch eine Sicherheitszelle geschützt, die im Auto verbaut ist. Mit dem Umbau konnten wir viel Gewicht einsparen. Natürlich ist auch der Motor modifiziert, um mehr PS zu erreichen.
 

Wie viel denn?
Das verrät man in Rennkreisen nicht (lacht).

Wie hilft dir dieses adrenalingeladene Hobby, dich von deinem anstrengenden Berufsalltag zu erholen?
Hobby und Job bereichern sich in meinem Fall gegenseitig. Eigenschaften, die ich als Pflegefachfrau mitbringen muss – beispielsweise Konzentrationsfähigkeit, vorausschauendes Planen und Zielbewusstsein – kommen mir auch im Rennauto zugute. Mein Sport bietet mir eine grosse mentale Entlastung. Pflegefachleute denken tagein, tagaus an andere Menschen, aber auf dem Rennplatz kann ich für einmal nur auf mich schauen. Und in beiden Bereichen lernt man, mit Dämpfern umzugehen und Emotionen zu regulieren. Nach einem Rennwochenende komme ich gestärkt und voller Elan an den Arbeitsplatz zurück.


Was hast du dank deines Hobbys über dich selbst gelernt?
Dass alles machbar ist. Mit der Familie und dem eigenen Willen kann man alles erreichen. Ich habe meine eigenen Grenzen kennengelernt und gemerkt, wie schön und erfüllend es ist, eine Passion mit den Liebsten teilen zu dürfen. Ich möchte es nie mehr missen.


Was kommt als Nächstes?
Sobald ich genug Erfahrungen gesammelt habe, möchte ich Bergrennen fahren – wie mein «Päpu». Ein wichtigeres Ziel aber ist, den Spass zu behalten. Übrigens genau wie meinen Corsa, den ich ebenso lange hüten will wie mein Vater seinen geliebten Mazda 323.