«Da stand ich an einem Scheideweg»
Welchen Beruf würden Sie wählen, wenn Sie morgen neu anfangen müssten? Gar nicht so einfach, oder? Viele Menschen entscheiden sich irgendwann für einen Beruf, der ihnen Freude bereitet, oder sie bewegen sich in einer Branche, die sie interessiert. Doch hin und wieder bringen äussere Gegebenheiten oder bewusste Entscheidungen grosse berufliche Veränderungen mit sich. Und sie stellen Menschen vor die Frage, wie es weitergeht. Beat Wyss und Heidi Baumgartner kennen diese Situation und erzählen von ihren Erfahrungen.
Die Idee liess ihn nie ganz los
Beat Wyss, Mitarbeiter Patiententransport im Inselspital
«Es macht mir Freude, den ganzen Tag auf den Beinen zu sein und die Patientinnen und Patienten von A nach B zu begleiten. Ich bin sehr dankbar, diesen Job zu haben», erzählt Beat Wyss. Er arbeitet seit über drei Jahren am Inselspital im Patiententransport. Davor war er seit seiner Lehrzeit im grafischen Bereich tätig. «Ich habe die Veränderungen im Druckwesen hautnah miterlebt. Während ich zu Beginn meiner Karriere noch an den Farbkästen geschraubt habe, um die ideale Druckfarbe zu erreichen, waren am Ende sehr moderne und leistungsfähige Druckmaschinen im Einsatz », erzählt der gelernte Drucker. «Ich wäre eigentlich gerne in dieser Branche geblieben. Doch der Druck wurde immer grösser und es kam zu Entlassungen – insbesondere bei den älteren Mitarbeitenden.»
Ein langjähriger Arbeitskollege wechselte nach einer Entlassungswelle in den Patiententransport am Inselspital und legte Beat Wyss immer wieder ans Herz, ebenfalls in diesem Team anzufangen. Der Gedanke an diese grosse berufliche Veränderung liess ihn nie ganz los, bis Beat Wyss aufgrund der wachsenden Unsicherheit in seinem damaligen Job zum Entschluss kam, sich beim Inselspital zu bewerben. Er bekam die Stelle. Eine schwere Covid-Erkrankung zu Beginn seines neuen Abenteuers, erleichterte den Neubeginn allerdings nicht gerade.
«Der Start in diesem komplett neuen Beruf war für mich nicht immer einfach. Ich musste lernen, mit den vielen verschiedenen Schicksalen umzugehen, mit denen man konfrontiert ist. Auch wenn wir keine Informationen zu den Erkrankungen haben – man merkt schnell, wenn jemand Schmerzen oder Angst hat», hält Beat Wyss fest.
Inzwischen hat er sich gut eingelebt. Er schätzt den guten Austausch im Team und konzentriert sich auf die Dankbarkeit, die die Patientinnen und Patienten ihm entgegenbringen, wenn er sie zu Untersuchungen oder Therapien transportiert und ein paar Worte mit ihnen wechselt. «Seit ich hier arbeite, hat sich meine Perspektive auf gewisse Sachen geändert. Ich nehme weniger Dinge als selbstverständlich wahr und bin für vieles sehr dankbar», so Beat Wyss.
Es ist eine grosse berufliche Veränderung, die der ehemalige Drucker in den letzten Jahren erlebt hat. «Eigentlich mag ich Veränderungen nicht besonders», sagt er lachend. Doch wenn es erst einmal dazu kommt, dann nimmt er sie an und sieht die Chancen und die positiven Seiten. «Trotz der vielen damit verbundenen Veränderungen – ich würde mich wieder für diesen Weg entscheiden und vielleicht sogar schon früher in den Patiententransport wechseln, wenn sich die Chance ergeben würde», hält er zufrieden fest.
Einmal Kinderklinik, immer Kinderklinik – und dazwischen viel Neues
Heidi Baumgartner, Leiterin Pflege Medizinbereich
Kinder und Jugendliche
«Nein, Angst vor Neuem habe ich wirklich nicht», hält Heidi Baumgartner schmunzelnd fest. Wer den abwechslungsreichen Werdegang der Leiterin Pflege im Medizinbereich Kinder und Jugendliche kennt, kann das nur bestätigen.
Angefangen hat alles im Inselspital. Als junge Frau entschied sich Heidi Baumgartner für eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester (KWS) – wie der Beruf damals hiess – an der Insel. Noch heute ist sie zufrieden mit dieser Berufswahl. «Der Bereich der Kindermedizin ist ein enorm sinnstiftendes Umfeld, und es ist toll, für Kinder und ihre Familien da zu sein – wenn auch heute in einer etwas anderen Rolle als damals.»
Ganz so geradlinig wie der Werdegang nun scheinen mag, war er nicht. Nachdem sie ihre Ausbildung abgeschlossen und ein Jahr im Inselspital weitergearbeitet hatte, merkte Heidi Baumgartner, dass sie eine Veränderung brauchte. «Ich war mit gewissen Aspekten meiner Arbeitssituation nicht mehr glücklich und wusste, dass ich etwas ändern musste» Sie ging zur Berufsberatung und stand bald vor dem Entscheid, entweder eine Umschulung oder ein Studium zu machen.
Sie zögerte nicht, holte die Matura in einer Fernausbildung nach und absolvierte ein Geschichtsstudium – und das mit einer kleinen Familie zu Hause und etwa zwei Nachtschichten pro Woche als Kinderkrankenschwester. Nein, Angst vor radikalen Veränderungen hat Heidi Baumgartner nicht.
Nach dem Studium machte sie Stellvertretungen als Geschichtslehrerin und wurde bald angefragt, ob sie auf der Abteilung, in der sie während des Studiums Nachtschichten gemacht hatte, nicht die Stellvertretung der Leitung übernehmen wolle. «Es war eine kleine Abteilung, auf der es mir sehr gefiel. Also dachte ich mir: Wieso nicht?»
Doch bald schon stand sie an einem Scheideweg: Die Stelle der Leitung wurde frei und man bat sie, diese Rolle einzunehmen. Sie musste sich entscheiden, ob sie wieder mehr in diesen Bereich ihres Lebens investieren wollte. «Die Zusammenarbeit und der Teamgeist waren unglaublich toll und ich fühlte mich sehr wohl. Deshalb entschied ich mich, die Stelle anzunehmen und parallel dazu einen Master in Management zu machen, um meine Führungskompetenzen zu erweitern.»
Doch auch da liess die nächste Veränderung nicht allzu lange auf sich warten. «Eines Tages kam ein Anruf von der Insel. Es gebe eine offene Stelle als Leiterin des stationären Bereichs. Und sie fragten, ob ich Interesse hätte. Ich ging für ein Gespräch vorbei und
als ich da war, dachte ich sofort an einen Spruch, den wir unter uns KWS zu sagen pflegten: einmal Kinderklinik, immer Kinderklinik.» Die Atmosphäre packte Heidi Baumgartner und sie nahm den Job an. Auch da nahmen die Dinge ihren Lauf und als die Frage aufkam, wer die Leitung Pflege im neu gebildeten Medizinbereich Kinder und Jugendliche übernehmen würde, war Heidi Baumgartner bereit für den Wechsel in diese Funktion, die sie bis heute innehat.
«Ich werde manchmal gefragt, weshalb ich ein Geschichtsstudium gemacht habe, wenn ich jetzt doch wieder in der Kinderklinik tätig bin. Doch ich kann die Kompetenzen, die ich im Studium gelernt habe, jeden Tag in meine Arbeit einbringen. Etwa wenn ich Konzepte neu denken, verschiedene Optionen entwickeln und evaluieren oder grosse Informationsladungen systematisch analysieren und einordnen muss. Ich würde diesen Weg mit all seinen radikalen Veränderungen und Brüchen auf jeden Fall wieder gehen.»