Inselspital, 22. Februar 2016, 11.15 Uhr: Zwei Spezialisten für fetomaternale Medizin schauen ein letztes Mal auf das Ultraschallbild am Monitor. Dann startet der gewagte Eingriff am Ungeborenen:
Ein gutartiger Lungentumor belastet das Herz des Kindes lebensgefährlich. Ohne Eingriff wird der kleine Junge nicht überleben. Eine Entbindung oder ein Abwarten kommen in der prekären Situation nicht in Frage. Unter den ausserordentlichen Umständen beraten sich der behandelnde Arzt und die Familie ausführlich. Dann der Entschluss: Gemeinsam mit seinem langjährigen Lausanner Kollegen operieren sie das Kind im Mutterleib zu zweit.
Bewährte Technik - neues Einsatzgebiet
Das Besondere: Bisher hatten Luigi Raio (Inselspital) und David Baud (Centre Hospitalier Universitaire Vaudois) v.a. eineiige Zwillinge bei Zwillingstransfusionssyndrom im Uterus operiert. Dabei werden bestimmte Blutgefässe in der Plazenta mit einem Laser verödet um die Blutzufuhrt der Babies auszugleichen. Die Berner Frauenklinik ist Vorreiterin in dieser Art fetoskopischer Lasereinigriff und bietet ihn seit den späten Neunziger Jahren an.
Mit einer ähnlichen Technik operieren die beiden Chirurgen nun den Lungentumor. Diesmal aber findet die Operation mitten im Körper des Kindes statt, in unmittelbarer Nähe zum Herzen und der Hauptschlagader. Es muss daher noch präziser und mit ständigem Blick auf den Ultraschall gearbeitet werden. Doch der Eingriff gelingt: Der Lungentumor wird von der Blutzufuhr abgeschnitten. In den Wochen die folgen wird das absterbende Gewebe kleiner, das Herz des Kindes erholt sich wieder. Am 13. April kommt der Junge gesund zur Welt.
Es ist die erste Operation dieser Art in der Schweiz. Weltweit wurden lediglich 17 Fälle beschrieben mit unterschiedlich guten Resultaten.
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